GmbH als Holdinggesellschaft: OGH zu Grenzen des GmbH Gesellschafter-Informationsanspruchs zu Beteiligungen

18. Jänner 2021 – need2know

In Beteiligungs-, Syndikats- oder Investmentverträgen sind – im Hinblick auf die gesetzlichen Grenzen – die Informations- und Einsichtsrechte für Gesellschafter sorgfältig zu regeln.

Zugang zu Geschäftsunterlagen und Unternehmensinformationen sind regelmäßig entscheidend zur Mitgestaltung, Kontrolle und um Gesellschafterrechte ausüben zu können. Insbesondere, wenn ein Gesellschafter nicht in der Geschäftsführung oder einem Aufsichtsrat vertreten ist.

Ein GmbH-Gesellschafter darf in alle Geschäftsunterlagen der GmbH Einsicht nehmen, Kopien erstellen und hat ein umfassendes Auskunftsrecht.

Hält die GmbH Anteile an anderen Gesellschaften stellt sich die Frage, ob und wieweit diese Ansprüche des GmbH-Gesellschafters bei oder für diese Beteiligungsgesellschaften gelten. Der OGH hat jüngst die Grenzen abgesteckt OGH 02.09.2020, 6 Ob 11/20 s.

Ausgangspunkt – umfassendes Einsichtsrecht der Gesellschafter gegenüber der GmbH

Unstrittig ist: Ein GmbH-Gesellschafter hat unabhängig von seiner Beteiligungsquote einen allgemeinen und umfassenden Informationsanspruch gegen die Gesellschaft. Dieser muss nicht begründet werden. Die einzusehenden Unterlagen müssen vorab auch nicht genannt oder spezifiziert werden.

Ferner sind Unterlagen von Konzerngesellschaften oder Beteiligungen, die sich im Besitz der GmbH (als Gesellschafterin) befinden, als ihre eigenen anzusehen und von diesem umfassenden Einsichtsrecht der Gesellschafter erfasst.

Wann darf die Gesellschaft generell Informationen verweigern?

Wenn

  • die Informationserteilung gesetzlich verboten ist; oder
  • der Informationsanspruch rechtsmissbräuchlich ausgeübt wird.

Es gilt auch ein Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Die Belastung der Gesellschaft durch die Informationserteilung und der Eingriff in die Gesellschaftsinteressen dürfen zum Informationsinteresse des Gesellschafters nicht außer Verhältnis stehen.

100%-Tochtergesellschaften sind gleichgestellt

100%-ige Tochtergesellschaften der auskunftspflichtigen GmbH werden der GmbH für das Einsichtsrecht des Gesellschafters gleichgestellt. In dieser Konstellation sind Interessen Dritter – das sind Gesellschafter, die nur an der informationstragenden Gesellschaft, nicht aber an der auskunftspflichtigen GmbH selbst beteiligt sind – nicht berührt.

Wie ist der Informationsanspruch bei Beteiligungen unter 100% auszuüben?

Bei sonstigen Beteiligungen hat der Gesellschafter grundsätzlich nur ein Auskunftsrecht, aber kein Einsichtsrecht in Geschäftsunterlagen. Der Gesellschafter der GmbH als Holdinggesellschaft muss daher die verlangten Auskünfte im Einzelnen bezeichnen und sein berechtigtes gesellschaftsrechtliches Interesse darlegen.

In welchem Umfang besteht ein Informationsanspruch zu Beteiligungen unter 100%?

Der Informationsanspruch bei nicht zur Gänze gehaltenen Unternehmen hängt von der Rechtsform des betroffenen Unternehmens ab und besteht grundsätzlich nur insoweit, als die GmbH als Gesellschafterin selbst einen (durchsetzbaren) Anspruch auf Informationserteilung hat.

Aktiengesellschaft

Bei einer Aktiengesellschaft beschränkt sich daher der Informationsanspruch auf das Auskunftsrecht in der Hauptversammlung iSd § 118 Abs 1 AktG. Dieses Auskunftsrecht ist sachlich auf den Verhandlungsstoff der jeweiligen Hauptversammlung beschränkt.

Ein Aktionärsrecht auf Bucheinsicht und Anfertigung von Kopien für Geschäftsunterlagen ist in § 118 AktG hingegen nicht vorgesehen.

Eine Ableitung des Rechts auf Einsicht in die Bücher und Schriften der Aktiengesellschaft aus den subsidiär anzuwendenden Bestimmungen über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR), wie teilweise im Schrifttum vertreten, lehnte der OGH ab, weil das GesbR-Recht nach § 1175 Abs 4 ABGB nur dann subsidiär auf andere Gesellschaften anzuwenden ist, wenn das spezielle Gesellschaftsrecht das Ordnungsproblem nicht regelt. Das ist aber bei den Informations- und Kontrollrechten des Aktionärs nicht der Fall. Das AktG regelt vor allem das Auskunftsrecht und das Institut der Sonderprüfung.

Im konkreten Fall wurde beantragt, dass die GmbH als Holdinggesellschaft (Antragsgegnerin) den Gesellschaftern (Antragsteller) die Einsicht in die Handelsbücher, Geschäftspapiere und sonstigen Geschäftsunterlagen der Aktiengesellschaft zu ermöglichen und die Herstellung von Kopien zu dulden hat. Dieser Antrag scheiterte, da die GmbH als Holdinggesellschaft die rechtlichen Befugnisse, dieses Begehren zu erfüllen, als Aktionärin der Aktiengesellschaft nicht hat.

Aktiengesellschaft – Darf eine Sonderprüfung verlangt werden?

In der OGH-Entscheidung ist nicht behandelt, ob der GmbH-Gesellschafter für ein Informationsbegehren in der Aktiengesellschaft, an der die GmbH beteiligt ist, von der GmbH auch die Beschlussfassung über eine Sonderprüfung verlangen dürfte.

Das sollte grundsätzlich zulässig sein, wenn der GmbH-Gesellschafter den Gegenstand der Sonderprüfung genau bezeichnet und abgrenzt und sein berechtigtes gesellschaftsrechtliches Interesse darlegen kann. Ein berechtigtes Interesse wird etwa dann bestehen, wenn – angelehnt an die Regelungen zur gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern – Verdachtsgründe bestehen, dass bei dem zu prüfenden Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind.

Kommanditgesellschaft/Kommanditist

Bei einer Kommanditgesellschaft ist das Kontrollrecht des Kommanditisten eingeschränkt. Außerordentliche Informationen kann der Kommanditist nur bei Vorliegen wichtiger Gründe verlangen. Der Antrag des GmbH-Gesellschafters auf Informationserteilung zur Kommanditgesellschaft, an der die GmbH beteiligt ist, muss daher

  • die begehrten Informationen,
  • das rechtliche Interesse daran und
  • die wichtigen Gründe

anführen.

Schuldner des Informationsanspruchs ist immer die GmbH als Holdinggesellschaft

Schuldner des Informationsanspruchs ist nicht das verbundene Unternehmen, sondern bleibt die GmbH als Holdinggesellschaft, an der der antragstellende Gesellschafter beteiligt ist. Gegen diese ist daher der Antrag auf Informationserteilung zu richten. Die GmbH als Holdinggesellschaft hat entsprechend dafür Sorge zu tragen, dass der antragstellende Gesellschafter – immer innerhalb der Grenzen ihres eigenen Informationsanspruchs bei den verbundenen Unternehmen – die verlangten Informationen erhält.

 

Autor: Daniel Zahourek

Bei Fragen kontaktieren Sie bitte:
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Daniel Zahourek

Praxisgruppe:
Gesellschaftsrecht/M&A

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