21. Oktober 2019 – need2know
Zur großen Erleichterung in der Immobilienbranche kam das Bestellerprinzip bei Mietverträgen nun doch noch nicht vor der Wahl, vom Tisch ist es den Medien zu Folge aber noch lange nicht. Ein Konsens, dass diese Rechtslage geändert werden soll, besteht insofern, als alle Parteien die Einführung eines „Bestellerprinzips“ auch in Österreich auf ihre Agenda geschrieben haben. Viel ist in den letzten Wochen und Monaten dazu gesagt worden, aber was würde die Einführung des Bestellerprinzips in der Praxis bedeuten und warum ist es so verhasst?
Stein des Anstoßes ist, wie so oft, der Blick über die Grenze nach Deutschland. Dort ist seit dem 1.6.2015 für „Wohnungsvermittler“ die Möglichkeit, ein Entgelt vom Mieter zu verlangen, stark eingeschränkt. Verkürzt gesagt ist dies nur mehr möglich, wenn der Makler ausschließlich im Interesse des Mieters tätig wird – etwa dann, wenn er vom Mieter mit der Wohnungsvermittlung beauftragt wurde. Bei auch nur fahrlässigem Zuwiderhandeln drohen Geldstrafen in beträchtlicher Höhe.
Wie ist nun die Rechtslage in Österreich?
§ 5 Maklergesetz (MaklerG) sieht folgendes vor: „Der Makler darf ohne ausdrückliche Einwilligung des Auftraggebers nicht zugleich für den Dritten tätig werden oder von diesem eine Belohnung annehmen, wenn nicht für den betreffenden Geschäftszweig ein abweichender Gebrauch besteht.“ Für den Bereich der Immobilienmakler besteht ein solcher abweichender Gebrauch allerdings unstrittig seit Jahrzehnten, weshalb die Doppelmakler-Tätigkeit hier zulässig ist. Somit kann der Makler auch von beiden Seiten die Provision fordern, in der Praxis zahlt fast immer der Mieter.
Stockend verläuft die Umsetzung der Einführung eines „Bestellerprinzips“. Ein Fristsetzungsantrag der SPÖ, mit dem eine Behandlung des Themas noch in der letzten Sitzung des Nationalrates zwingend gewesen wäre, ist am 19.9.2019 ohne Mehrheit geblieben. Ein unverbindlicher Entschließungsantrag von der ÖVP-Seite liegt zwar vor, doch dieser fordert die Bundesregierung lediglich dazu auf, „eine moderne, sachgerechte und gesamthafte Lösung zur Einführung des Bestellerprinzips für die Vermittlung von Wohnungsmieten zu erarbeiten“ und geht noch nicht ins Detail.
Vor der Wahl am 29.9.2019 konnte noch kein Beschluss erfolgen. Ob und falls ja, in welcher konkreten Form, ein Bestellerprinzip in Österreich kommen wird, ist weiterhin nicht sicher. Spannend wäre etwa, ob es Ausnahmen vom Bestellerprinzip geben wird, oder ob eine Einpreisung der Vermarktungskosten in den Richtwertmietzins (die bisher nicht erlaubt war) ähnlich wie bei der Berechnung der Kostenmiete bei gemeinnützigen Wohnbauträgern nach dem WGG in irgendeiner Form erlaubt sein wird.
Ob das Bestellerprinzip tatsächlich ein wirksames Mittel gegen steigende Wohnkosten ist oder vielmehr die Maklerbranche hart treffen wird, darüber lässt sich sicher trefflich diskutieren. Aus der Sicht eines Juristen drängt sich aber unweigerlich die Frage auf, ob private Vermieter ohne Beiziehung einer fachkundigen Person (wie eben auch eines Immobilienmaklers) nicht zuweilen mit dem Mietrecht überfordert sind. Dieses Rechtsgebiet ist schon lange für alle, die sich nicht umfassend damit beschäftigen, ein Buch mit sieben Siegeln, mit seiner diffizilen Abgrenzung in Voll-, Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG und den Regelungen zum Richtwert, die eine der kompliziertesten Rechtsmaterien von ganz Österreich sind. Das Potenzial für böse Überraschungen, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen, sei es auch bloß fahrlässig, nicht eingehalten werden, ist dementsprechend hoch.
Ob die Einführung eines Bestellerprinzips, wie von etlichen befürchtet wird, zu einem Anstieg an verbotenen Ablösen und rechtswidrigen Klauseln in Mietverträgen führen wird, bleibt abzuwarten. Schon nach der derzeitigen Rechtslage kann man jedem, der eine Wohnung vermieten will, jedoch nur ans Herz legen, sich nicht auf eigene Faust in den „Dschungel“ des Mietrechts vorzuwagen, sondern professionelle Begleitung zu suchen – denn auf lange Sicht zahlt sich dies stets aus.
Autoren:
Michaela Pelinka
Philipp Bertsch
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Michaela Pelinka
Praxisgruppen:
Liegenschafts- und Mietrecht
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