Das neue Investitionskontrollgesetz

14. August 2020 – need2know

Direktinvestitionen aus Drittstaaten werden zunehmend kritisch gesehen. Politisch wird dabei vor allem der „Ausverkauf“ von Technologie befürchtet.

Am 25. Juli 2020 ist das Bundesgesetz über die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen („Investitionskontrollgesetz – InvKG“) in Kraft getreten.

Die Covid-19 Krise hat den Gesetzesprozess beschleunigt und inhaltlich zugespitzt. Es wird befürchtet, dass wirtschaftlich geschwächte Unternehmen leichter zum Ziel feindlicher Übernahme durch ausländische Investoren werden können. Zusätzlich ergänzt das InvKG die EU-FDI-Screening-Verordnung (EU) 2019/452, die einen koordinierten europäischen Investitionskontrollprozess vorsieht. Auch diese EU-Verordnung hat den Trend zu strengeren nationalen Investitionskontrollen verstärkt.

Was ändert sich nun konkret durch das Investitionskontrollgesetz? Welche Auswirkungen ergeben sich für zukünftige Unternehmenstransaktionen?

Bisherige Rechtslage

Vor dem InvKG war die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen in §25a Außenwirtschaftsgesetz 2011 geregelt. Investitionen in österreichische Zielunternehmen von Drittstaatserwerbern waren nur unter engen Voraussetzungen genehmigungspflichtig: Betroffen waren wenige sicherheitsrelevante Bereiche. Die Schwelle lag generell bei 25%. Es waren nur direkte Anteilserwerbe umfasst, nicht aber mittelbare Erwerbe (zB über eine europäische Zwischenholding) oder Assets Deals.

Das InvKG ersetzt §25a Außenwirtschaftsgesetz 2011. Das Kontrollregime wird erheblich verschärft und weiter gefasst.

Was ist eine genehmigungspflichtige Direktinvestition?

Eine „ausländische Direktinvestition“ ist genehmigungspflichtig (§ 2 InvKG), wenn

  • das Zielunternehmen in einem kontrollrelevanten Bereich (Anlage zum InvKG) tätig ist; und
  • durch die Investition ein Mindestanteil an den Stimmrechten erreicht oder überschritten wird oder sonst ein beherrschender Einfluss erlangt oder durch den Erwerb wesentlicher Vermögensbestandteile ein maßgeblicher Einfluss auf einen Teil des Unternehmens erworben wird.

Als ausländische Direktinvestition gilt der unmittelbare oder mittelbare Erwerb (§ 1 Z 3 und Z 6 InvKG)

  • eines österreichischen Unternehmens;
  • von Stimmrechtsanteilen an einem solchen Unternehmen;
  • eines beherrschenden Einflusses auf ein solches Unternehmen; oder
  • von wesentlichen Vermögensbestandteilen eines solchen Unternehmen durch eine ausländische Person.

Damit gilt nach dem InvKG die Genehmigungspflicht auch für mittelbare Erwerbsvorgänge sowie für sogenannte Asset Deals, bei denen nicht Gesellschaftsanteile, sondern das Unternehmen oder einzelne wesentliche Vermögensbestandteile des Unternehmens erworben werden.

Start-up und de-minimis Ausnahme

Kleinstunternehmen und Start-ups mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als zwei Millionen Euro sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen (§ 2 Abs 2 InvKG).

Welche sicherheitsrelevanten Bereiche sind betroffen?

Das österreichische Zielunternehmen muss in einem sicherheitsrelevanten Bereich tätig sein, in denen es durch Übernahmen zu einer Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung kommen kann.

Das InvKG unterscheidet:

  • besonders sensible Bereiche, die in Teil 1 der Anlage zum InvKG abschließend festgelegt sind. Das sind Verteidigungsgüter und -technologien, das Betreiben kritischer Energieinfrastruktur und kritischer digitaler Infrastruktur, Wasser, das Betreiben von Systemen, die die Datensouveränität der Republik Österreich gewährleisten sowie Forschung und Entwicklung im Bereich Arzneimittel, Impfstoffe, Medizinprodukte und persönliche Schutzausrüstung; und
  • andere Bereiche in denen es zur einer Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung einschließlich der Krisen- und Daseinsvorsoge iSv Art 52 und 65 AEUV kommen kann. Diese Bereiche sind in Teil 2 der Anlage beispielhaft aufgezählt.

Die sicherheitsrelevanten Bereiche werden detaillierter und weiter festgelegt. Erfasst sind nunmehr auch Bereiche, die zuvor keiner Genehmigungspflicht unterlagen (zB kritische Infrastrukturen und Technologien).

Welche Stimmrechtsschwellen gelten? Wann gilt die neue 10% Stimmrechts-Schwelle?

Ein Anteilserwerb ist nur dann genehmigungspflichtig, wenn ein Mindestanteil an den Stimmrechten iSd § 4 InvKG (sog. „Stimmrechtsschwelle“) an einem österreichischen Zielunternehmen erreicht oder überschritten wird.

In den besonders sensiblen Bereichen (Teil 1 der Anlage) gilt die neue 10 % Stimmrechtschwelle. Für alle anderen Bereiche (Teil 2 der Anlage), gilt – wie bisher – die 25% Stimmrechtsschwelle. Eine weitere Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn Anteile auf 25% und 50% aufgestockt werden.

Bei der Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln und Medizinprodukten ist die Senkung der Mindestschwelle von 25% auf 10% bis 31. Dezember 2022 befristet.

Wie läuft das Genehmigungsverfahren ab?

Der Antrag ist spätestens bzw unverzüglich nach – und nicht wie bisher vor – dem Abschluss des Rechtsgeschäfts (sog. Signing) zu stellen. Die Antragspflicht trifft gemäß § 6 Abs 1 InvKG nach wie vor die erwerbenden Personen.

Neu ist einerseits, dass die zuständige Behörde das Zielunternehmen über einen solchen Antrag informiert. Anderseits ist das österreichische Zielunternehmen subsidiär zur Anzeige verpflichtet, wenn ihm ein beabsichtigter genehmigungspflichtiger Erwerbsvorgang bekannt ist und ihm keine Information über einen Genehmigungsantrag übermittelt wurde.  Kommt das Zielunternehmen dieser Anzeigeverpflichtung nicht nach, droht eine Verwaltungsstrafe – je nach Verschuldensgrad – in der Höhe von bis zu EUR 40.000.

Darüber ist die zuständige Behörde (Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) berechtigt, ein Genehmigungsverfahren von Amts wegen einzuleiten.

Die Transaktion ist zu untersagen, wenn eine Direktinvestition zu einer Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung führen kann. Dabei sind die Auswirkungen in den in der Anlage genannten Bereichen zu prüfen (§ 3 InvKG). Insbesondere ist zu berücksichtigen:

  • ob eine erwerbende Person direkt oder indirekt von der Regierung eines Drittstaats, ua aufgrund der Eigentümerstruktur oder in Form beträchtlicher Finanzausstattung, kontrolliert wird;
  • ob eine erwerbende Person, oder eine natürliche Person, die eine leitende Funktion in der erwerbenden juristischen Person innehat, bereits an Aktivitäten beteiligt ist oder war, die Auswirkungen auf die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in einem anderen EU-Mitgliedstaat hatten; und
  • ob ein erhebliches Risiko besteht, dass eine erwerbende Person, oder eine natürliche Person, die eine leitende Funktion in der erwerbenden juristischen Person innehat, an illegalen oder kriminellen Aktivitäten beteiligt ist oder war.

Das neue Genehmigungsverfahren integriert auch den in der EU-FDI-Screening-Verordnung vorgesehenen Kooperationsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission. So teilt sich das neue Genehmigungsverfahren in zwei Phasen:

Phase I

Innerhalb eines Monat nach Ablauf aller EU-Konsultationsfristen im Sinne von § 12 Abs 5 InvKG (also nach Ablauf der 35 bzw 40 Tage ab Mitteilung an die Europäische Kommission) hat das Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

  • mit Bescheid festzustellen, dass kein Genehmigungsverfahren eingeleitet wird, weil keine Bedenken gegen den Erwerb bestehen (oder einem solchen Verfahren unions- oder völkerrechtliche Verpflichtungen entgegenstehen); oder
  • mitzuteilen, dass ein vertieftes Prüfverfahren (Phase II) eingeleitet wird.

Erfolgt innerhalb der Monatsfrist weder ein Bescheid noch eine Mitteilung, so gilt die Genehmigung als erteilt.

Phase II

Innerhalb von zwei Monaten ab Mitteilung über die Einleitung eines vertieften Prüfverfahrens ist mit Bescheid entweder

  • der Vorgang (mit oder ohne Auflagen) zu genehmigen; oder
  • die Genehmigung ist zu verweigern, wenn Auflagen zur Beseitigung dieser Gefährdung nicht ausreichen.

Verstreicht die zweimonatige Frist ohne Untersagung (oder Genehmigung mit Auflagen), so gilt die Genehmigung wiederum als erteilt.

Ex-lege aufschiebende Bedingung

Rechtsgeschäfte über Vorgänge, für die eine Genehmigung nach dem InvKG erforderlich ist, gelten kraft Gesetzes als unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die Genehmigung erteilt wird.  Ein Vollzug des Rechtsgeschäfts (sog. Closing) vor Genehmigung ist daher unzulässig; eine dennoch vollzogene Transaktion ist ex lege unwirksam.

Transaktionsabsicherung durch Unbedenklichkeitsbescheinigung

Es kann vorab eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für einen bestimmten Erwerbsvorgang beantragt werden (§ 9 InvKG). Damit kann vorab geklärt werden, dass eine Transaktion keiner Genehmigungspflicht nach dem InvKG unterliegt.

Ab wann gilt das neue InvKG?

Das Investitionskontrollgesetz ist auf ausländische Direktinvestitionen anzuwenden, für die eine Genehmigungspflicht nach dessen Inkrafttreten (25 Juli 2020) entsteht. Für alle Vorgänge, die sohin vor dem Inkrafttreten des Investitionskontrollgesetzes abgeschlossen wurden, findet das Außenwirtschaftsgesetz 2011 Anwendung. Hat das „Signing“ vor Inkrafttreten, das „Closing“ aber nach Inkrafttreten des Investitionskontrollgesetzes stattgefunden, ist daher die Rechtslage gemäß § 25a AußWG 2011 anzuwenden.

Autoren: Tamara Tomic, Christoph Nauer

Bei Fragen kontaktieren Sie bitte:
Christoph Nauer
Thomas Lettau
Elke Napokoj
Tamara Tomic

Praxisgruppe:
Gesellschaftsrecht/M&A

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