Wesentliche Änderungen für die Immobilienbranche im Regierungsprogramm

13. Jänner 2020 – need2know

Ganze 328 Seiten umfasst das Programm der türkis-grünen Regierung für die Jahre 2020-2024. Für die Immobilienbranche spannend sind lediglich die Seiten 40-43. Was ist in der neuen Gesetzgebungsperiode zu erwarten?


Klimaschutz und Energieeffizienz

Wenig überraschend spielen Umweltthemen eine wichtige Rolle. Die Nachverdichtung und Überbauung soll Vorrang vor der Versiegelung grüner Wiesen haben und die Länder sollen klimarelevante Maßnahmen in den Bauordnungen implementieren. Investitionsanreize für Sanierung und Neubau (wie neue Abschreibungsmöglichkeiten) sollen geschaffen werden, dies aber mit einer Bauweise nach „höchsten ökologischen Aspekten“. Vieles hängt am neuen Finanzausgleichsgesetz (FAG) – mit diesem soll Österreich Spitzenreiter bei Energieeffizienz und der Verwendung von ökologischen Baustoffen werden.

Eine Erwähnung wert ist auch die (vereinzelt unter „Wohnrecht“ beschriebene) Zielsetzung, ein „right to plug“, also einen Rechtsanspruch auf Strom-Ladestationen für E-Autos in Wohnhausanlagen, einzuführen sowie die Unterstützung der E-Mobilität durch eine Verpflichtung im Rahmen der Bauordnung, eine Leerverrohrung anzulegen.

Gleichzeitig sollen die Baukosten (etwa durch Schaffung bundesweit einheitlicher Regelungen zu technischen Vorschriften und Beschleunigung von Bauverfahren) gesenkt werden – freilich ein ambitioniertes Ziel vor dem Hintergrund, dass die Forderung nach mehr Energieeffizienz wohl die (ohnehin schon hohen) Baukosten weiter ansteigen lassen wird.

Geförderter Wohnbau

Der als lohnabhängige Abgabe eingehobene Wohnbauförderungsbeitrag (seit 2018 eine Landesabgabe und schon seit 2008 nicht mehr zwingend an Wohnbauzwecke gebunden) soll im Rahmen des Finanzausgleichs wieder zweckgebunden werden. Zudem sollen Sanierung und Nachverdichtung in der Wohnbauförderung gestärkt und Fördermittel sollen nur noch unter der Voraussetzung vergeben werden, dass umweltschonend gebaut wird.

Wohnungseigentum

Wohnungseigentum soll (etwa durch steuerrechtliche Erleichterung beim Mietkauf) gefördert werden. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) soll novelliert, die Durchsetzbarkeit von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen erhöht werden. Maßnahmen zur Dekarbonisierung sollen fortan als Erhaltungsmaßnahmen gelten. Für den im Wohnungseigentumsrecht kundigen Juristen erscheinen hier indes einige Punkte im Regierungsprogramm erklärungsbedürftig. So ist die Bildung von Erhaltungsrücklagen schon nach geltendem Recht verpflichtend und können Energieeffizienzmaßnahmen auch bereits jetzt schon als Verbesserungsmaßnahmen von einer Mehrheit der Wohnungseigentümer beschlossen werden.

Mietrecht

Unter „Schaffung von leistbarem Wohnraum“ findet sich ein Bekenntnis dazu, das Wohnrecht (wobei auch das Mietrechtsgesetz (MRG) genannt wird) zu reformieren. Bei der Novellierung des Mietrechts sollen insbesondere ein „transparentes, nachvollziehbares Mietrecht“, eine „hohe Rechtssicherheit für MieterInnen und EigentümerInnen“ und eine „transparente Preisbildung“ berücksichtigt werden, ebenso aber die „Wirtschaftlichkeit von Investitionen wie Neubau, Nachverdichtung, Instandhaltung und Sanierung“.

Bekämpfung von Leerstand und Mindernutzung

Hier sollen Maßnahmen geprüft werden, damit Wohnungen für den ganzjährigen Mietbetrieb den hier lebenden Menschen zur Verfügung stehen – dies würde etwa die kurzzeitige Vermietung zu Ferienzwecken wie über Airbnb betreffen. Zweitwohnsitze sollen im Gemeindebau und im geförderten Mietverhältnis verboten werden.

Baurecht

Das in der Praxis bisher eher ein Schattendasein führende Institut des (zivilrechtlichen) Baurechts (bei dem ein Gebäude auf fremdem Grund als eigener Grundbuchskörper eingetragen wird) soll attraktiver gestaltet werden; die öffentliche Hand soll ihren Grundstücksbestand in Zukunft hauptsächlich über Baurechte an Dritte vergeben.

Maklerprovision nach dem Bestellerprinzip

Wohl zum Ärgernis vieler Immobilienmakler findet sich auch das (im letzten Jahr heftig diskutierte) Bestellerprinzip (wonach die Kosten eines Maklers bei Vermittlung von Mietwohnungen von demjenigen übernommen werden, der den Auftrag erteilt hat) im Regierungsprogramm wieder.

Bewertung

Insgesamt lässt das neue Regierungsprogramm noch wenig Konkretes durchsickern und beschränkt sich z.T. auch auf allgemeine Schlagworte, die man in der Art in jedem Regierungsprogramm finden würde – wer würde sich denn gegen leistbares Wohnen oder für erschwerte Eigentumsbildung aussprechen? Ob diese Regierung letztlich den Mut zu Systemumbrüchen, etwa im oft verworrenen und komplexen Mietrecht, hat, wird erst die Zeit zeigen. Ebenso wird eine Reihe von Zielen (etwa im Baurecht oder bei der Wohnbauförderung) aufgrund der Kompetenzverteilung nach der österreichischen Verfassung die Mitwirkung der Bundesländer benötigen – hier stehen noch (womöglich zähe) Verhandlungen an.

Autoren:
Michaela Pelinka
Philipp Bertsch

Bei Fragen kontaktieren Sie bitte:
Michaela Pelinka

Praxisgruppe:
Liegenschafts- und Mietrecht

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