COVID-19 Legal Update: Gerichtsverfahren in Form einer Videokonferenz

25. Mai 2020 – need2know

Nach bisheriger „Corona Rechtslage“ waren mündliche Verhandlungen nur dann abzuhalten, wenn nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände die Fortsetzung des Verfahrens dringend geboten erschien und nicht das Interesse der Allgemeinheit gerade an der Verhütung der Verbreitung von COVID-19 überwog. Weiterhin gelten für den Gerichtsbetrieb Einschränkungen. Um einen Rückstau von Verhandlungen zu vermeiden, wurde nun die Möglichkeit der Abhaltung von Tagsatzungen mittels Videokonferenz geschaffen:

Videokonferenz bei Zustimmung der Verfahrensparteien

Vorerst bis Jahresende ist es möglich, Verhandlungen ohne physische Anwesenheit der Parteien unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchzuführen; dies mit Einverständnis der Parteien. In Unterbringungs-, Heimaufenthalts- oder Erwachsenenschutzsachen sowie in Verfahren nach dem Tuberkulose- und dem Epidemiegesetz können Tagsatzungen auch ohne eine solche Zustimmung mit Videotechnologie durchgeführt werden, wenn die Verhandlung ohnedies außerhalb des Gerichts stattfinden müsste (etwa in einem Krankenhaus). Die Parteien können die Durchführung des Verfahrens mittels Videokonferenz auch anregen.

Es ist weiters möglich zB von einem anderen Raum im selben Gerichtsgebäude einen Zeugen zuzuschalten, um die Anzahl der Personen, die sich gleichzeitig im Verhandlungsraum aufhalten, zu minimieren. Ein Recht, auf diese besondere Weise an einer Verhandlung teilzunehmen, besteht nur, wenn man selbst oder eine Person, mit der notwendig Kontakt besteht, einem erhöhten Gesundheitsrisiko aufgrund von COVID-19 ausgesetzt ist.

Verhandlungsmodalitäten

Das Justizministerium setzt bei Video-Verhandlungen grundsätzlich auf Zoom. Ob und mit welcher Software eine Verhandlung mittels Videokonferenz durchgeführt werden soll, obliegt aber letztlich dem Ermessen des Gerichts.

Sollen Verhandlungsteilnehmer von ihrer Wohnung oder Betriebsstätte zugeschalten werden, dann setzt dies freilich voraus, dass die Betreffenden über die entsprechenden Kommunikationsmittel verfügen. Dies ist vorher abzuklären.

Eine Verpflichtung zu deren Anschaffung besteht grundsätzlich nicht. Stehen Parteien oder Zeugen die technischen Mittel für eine Videozuschaltung nicht zur Verfügung, so können unvertretene Parteien die Vertagung der Verhandlung und vertretene Parteien oder Zeugen die vorläufige Abstandnahme von ihrer Vernehmung bis (derzeit) längstens Ende Dezember 2020 beantragen. Bei Parteienvertretern, Sachverständigen oder Dolmetschern ist davon auszugehen, dass sie über die erforderliche Technik verfügen. Um eine unbeeinflusste Aussage der Zeugen zu gewährleisten, können Richter im Rahmen ihrer Kompetenz als Verhandlungsleiter auch Zeugen dazu auffordern, mittels Schwenk der Videokamera durch den Raum nachzuweisen, dass die Aussage unbeeinflusst von Dritten Personen erfolgt.

Wird eine Verhandlung mittels Videokonferenz durchgeführt, so ist eine Unterschrift der Parteien unter das Verhandlungsprotokoll ausnahmsweise nicht erforderlich. Das grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorzulegende Kostenverzeichnis gilt als rechtzeitig vorgelegt, wenn es spätestens bis zum Ablauf des auf die mündliche Verhandlung folgenden Werktages im elektronischen Rechtsverkehr oder auch schlicht mit E-Mail an die vom Entscheidungsorgan bekanntgegebene Adresse übersendet wird. Die Frist für die Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Gegenseite beginnt mit dessen Zustellung.

Wollen die Parteien einen Vergleich schließen, so hat das Gericht entweder den Text des Vergleichs den Parteien auf dem Bildschirm sichtbar zu machen oder den Vergleichstext laut und deutlich vorzulesen beziehungsweise den auf einem Tonträger aufgenommenen Vergleichstext für alle deutlich hörbar abzuspielen. Jede Partei hat ihren Willen, diesen gerichtlichen Vergleich abzuschließen, klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen.

Disclaimer

Bitte beachten Sie, dass die hier gebotene Darstellung eine Rechtsberatung nicht ersetzt. Die hier dargestellten Regelungen können vom Gesetzgeber kurzfristig geändert werden. Wir laden Sie daher ein, unseren Informationsbereich wiederkehrend zu besuchen.

Autoren: Florian Neumayr, David Pukel

Praxisgruppe

Dispute Resolution

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