Legal Update: Die Gesamtreform des Exekutionsrechts – GREx

01. Juli 2021 – need2know

Die Gesamtreform des Exekutionsrechts (GREx) ist am 01.07.2021 in Kraft getreten. Diese sieht einige Änderungen, insbesondere im Hinblick auf die Exekutionsmöglichkeiten betreffend das bewegliche Vermögen, vor. Die Novelle wird auf die nach dem 30.06.2021 bei Gericht einlangenden Exekutionsanträge anwendbar sein.

Die Exekution auf das bewegliche Vermögen zur Hereinbringung von Geldforderungen soll durch die nachfolgend angeführten Exekutionspakete (einfaches Exekutionspaket gemäß § 19 EO und erweitertes Exekutionspaket gemäß § 20 EO) erleichtert werden. Den betreibenden Gläubigern bietet sich nunmehr die Möglichkeit, von den neuen Exekutionspaketen Gebrauch zu machen.

1. Einfaches Exekutionspaket gemäß § 19 EO

Das einfache Exekutionspaket, welches nicht gesondert beantragt werden muss, sondern immer dann zur Anwendung gelangt, wenn im Exekutionsantrag kein explizites Exekutionsmittel genannt ist, umfasst nunmehr gleich mehrere Exekutionsmittel, nämlich die Fahrnisexekution, die Gehaltsexekution und die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses. Die in der Praxis gängige Kombination von Fahrnis- und Forderungsexekution wird damit formalisiert und auch der Vorrang der Gehaltsexekution bleibt erhalten (§ 249a EO).

2. Erweitertes Exekutionspaket gemäß § 20 EO

Das erweiterte Exekutionspaket beinhaltet über das einfache Paket hinaus alle anderen Arten der Exekution auf das bewegliche Vermögen. Die Exekution auf unbewegliches Vermögen (wie z.B. Liegenschaften) muss allerdings – wie bisher – gesondert beantragt werden. Im Rahmen des erweiterten Exekutionspaketes wird nunmehr amtswegig ein Verwalter bestellt, dem die Ermittlung der Vermögensgegenstände, die Auswahl der geeigneten Objekte und die Durchführung des Verfahrens samt Verwertung obliegen. Die Kehrseite sind jedoch die vom betreibenden Gläubiger zu übernehmenden Kosten. Der Verwalter ist vom Gericht erst dann zu bestellen, wenn der betreibende Gläubiger einen Kostenvorschuss zur Deckung der Mindestentlohnung des Verwalters erlegt hat. Da die Mindestentlohnung des Verwalters EUR 500,00 beträgt, ist davon auszugehen, dass zumindest auch dieser Betrag dem betreibenden Gläubiger vom Gericht als Kostenvorschuss vorgeschrieben wird. Die allfällige weitere Entlohnung des Verwalters bemisst sich bei der Verwertung nach dem erzielten Bruttoerlös, diesbezüglich muss der betreibende Gläubiger nicht in Vorleistung treten.

Nach wie vor steht es dem betreibenden Gläubiger jedoch frei, ein spezielles Exekutionsobjekt, welches gepfändet werden soll, im Exekutionsantrag zu nennen. Bei der Exekution auf ein Vermögensrecht wird dennoch (trotz der expliziten Nennung eines Exekutionsobjektes) ein Verwalter bestellt. § 330 EO sieht jedoch im Hinblick auf die Exekution auf Vermögensrechte (gemäß § 326 EO) einen Ausnahmefall vor, indem dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit eingeräumt wird, von der Bestellung eines Verwalters abzusehen. Sieht man von der Bestellung des Verwalters ab, besteht allerdings die Gefahr, dass das Exekutionsverfahren eingestellt wird, sofern die begehrte Verwertung nicht das gelindeste Mittel darstellt (unter Bedachtnahme auf die Interessen der verpflichteten Partei die umfassendste und schnellste Befriedigung bringt) und die Exekution ohne Verwalterbestellung unter Berücksichtigung der Kosten einen höheren Erlös erwarten lässt als mit Bestellung eines Verwalters. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, so kann die verpflichtete Partei daher die Einstellung der Exekution beantragen.

Übersteigt die hereinzubringende Forderung EUR 10.000,00 nicht, setzt die Bewilligung des erweiterten Exekutionspakets voraus, dass die Exekution auf bewegliche Sachen im Rahmen eines einfachen Exekutionspaketes ergebnislos geblieben ist (§ 20 Abs 2 EO); dies ist dann anzunehmen, wenn bei einem Vollzugsversuch keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden und weitere Vollzugsversuche nicht erfolgsversprechend sind (§ 252e Abs 3 EO). Ob das erweiterte Exekutionspaket bei einer Forderung über EUR 10.000,00 sofort beantragt werden kann, ist derzeit weder dem Gesetz noch aus den Erläuterungen zu entnehmen. Allerdings könnte dies im Umkehrschluss angenommen werden.

Hat nun die verpflichtete Partei mehrere Gläubiger und wurde zugunsten eines betreibenden Gläubigers bereits ein erweitertes Exekutionspaket bewilligt, treten nachfolgende Gläubiger dem Verfahren in gewohnter Art und Weise bei.

3. Schnittstelle Exekutions- und Insolvenzordnung

Neu ist die weitere Schnittstelle zwischen dem Exekutions- und dem Insolvenzrecht gemäß
§ 49a EO. Stellt sich bei der Ermittlung des Vermögens bereits im Exekutionsverfahren heraus, dass die verpflichtete Partei offenkundig zahlungsunfähig ist, so hat das Vollstreckungsorgan oder der Verwalter mit der Vollziehung der Exekutionshandlungen sofort innezuhalten und kann das Exekutionsgericht in weiterer Folge die Zahlungsunfähigkeit beschlussmäßig feststellen. Dieser Umstand ist dann auch öffentlich in der Ediktsdatei bekannt zu machen und wird dadurch einerseits eine leicht zugängliche und transparente Informationsquelle für jedermann geschaffen und andererseits ein rascher und einfacher Übergang in ein Insolvenzverfahren ermöglicht.

Parallel dazu wird in der Insolvenzordnung ein sogenanntes „Gesamtvollstreckungsverfahren“ geschaffen. Die betroffenen Gläubiger haben die Möglichkeit, einen Antrag auf Einleitung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen der verpflichteten Partei beim Insolvenzgericht zu stellen. In diesem Fall ist das Schuldenregulierungsverfahren gemäß § 184a IO im Insolvenzedikt als „Gesamtvollstreckung“ zu bezeichnen. Dadurch sollen weitere aussichtlose Exekutionsverfahren vermieden werden und sollen bei Zahlungsunfähigkeit Forderungen nicht mehr im Exekutions- sondern im Insolvenzverfahren hereingebracht werden.

Die Gesamtvollstreckung ist zu beenden, sobald der Schuldner die Annahme eines Sanierungsplans oder Zahlungsplans oder die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beantragt. Dadurch soll ein gewisser Druck auf den betreibenden Gläubiger ausgeübt werden, einen Insolvenzantrag zu stellen. Weiters sollen damit, aufgrund der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit, aussichtslose und kostenintensive Exekutionsversuche vermieden werden.

Insgesamt soll durch die Novelle des Exekutionsrechts die Effizienz von Exekutionsverfahren zur Einbringung von Forderungen gesteigert und die Anzahl von Exekutionsanträgen verringert werden. Ein weiteres wichtiges Ziel des Reformpaketes betrifft unter anderem die Schnittstellen zwischen Exekutions- und Insolvenzrecht.

 

Autoren: Mag. Sezen Koc, Mag. Georg Rupprecht

Bei Fragen kontaktieren Sie bitte:
Mag. Georg Rupprecht
Mag. Sezen Koc

Praxisgruppe: Exekutionsrecht

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