Verbot der Einlagenrückgewähr – anwendbar bei Stiftungskonstellationen?

27. August 2019 – need2know

Trotz der Flut an Entscheidungen des OGH zum Verbot der Einlagenrückgewähr war bis vor kurzem offen, ob und unter welchen Voraussetzungen dieses Konzept auch auf Stiftungskonstellationen anwendbar ist. Am 20.12.2018 erging die erste höchstgerichtliche Entscheidung zu 6 Ob 195/18x zum Verbot der Einlagenrückgewähr iZm Zuwendungen an Stiftungsbeteiligte durch eine Beteiligungsgesellschaft der Privatstiftung. 

Lesen Sie dazu den ganzen Aufsatz unserer Stiftungsexpertin RA Dr. Verena Hügel-Karpeles, der in der aktuellen Ausgabe der JEV (Journal für Erbrecht und Vermögensnachfolge) erschienen ist.
Zum Aufsatz

Das Verbot der Einlagenrückgewähr ist eines der am heftigsten diskutierten Themen im Recht der Kapitalgesellschaften. Das Verbot der Einlagenrückgewähr leitet sich aus § 82 Abs 1 GmbHG bzw § 52 AktG ab und bewirkt eine umfassende Bindung des Vermögens der Gesellschaft (und nicht bloß der Einlagen!). Für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft haftet nur das Gesellschaftsvermögen. Um den unkontrollierten Abfluss von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter zu verhindern, sieht das österreichische Gesellschaftsrecht einen umfassenden Vermögensschutz vor. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Gesellschafter einer österreichischen GmbH oder Aktiengesellschaft das einmal investierte Kapital nur sehr schwer wieder „zurückholen“ kann. Zu beachten ist, dass das österreichische Recht hier im internationalen Vergleich besonders streng ist. Beinahe jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft an einen Gesellschafter ist unzulässig. Zulässig sind Leistungen in Erfüllung des Dividendenanspruchs, Leistungen die auf fremdüblichen Austauschgeschäften basieren und bestimmte andere, gesetzlich geregelte Ausnahmefälle.

Zum Verbot der Einlagenrückgewähr ergingen bereits zahlreiche Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes. Umso erstaunlicher ist es, dass sich der OGH erst vor wenigen Monaten, nämlich in seiner Entscheidung vom 20.12.2018, 6 Ob 195/18x erstmals damit auseinandersetzte, inwiefern das Verbot der Einlagenrückgewähr auch auf Zuwendungen bei Stiftungskonstellationen von Relevanz ist.

Privatstiftungen sind keine Kapitalgesellschaften. Wie bei einer Kapitalgesellschaft ist ihre Haftung auch auf das Stiftungsvermögen beschränkt, Privatstiftungen haben allerdings keine Eigentümer und somit auch keine Gesellschafter. Die Privatstiftung ist ein verselbständigtes Sondervermögen – sie gehört sich selbst. Einer Privatstiftung wird Vermögen mit der Intention gewidmet, dass damit dauerhaft ein bestimmter, vom Stifter festgelegter Zweck verfolgt wird. Die wirtschaftlich Berechtigten der Privatstiftung sind die Begünstigten. Ob die Begünstigten durchsetzbare Ansprüche auf vermögenswerte Zuwendungen haben, hängt von der individuellen Ausgestaltung der Stiftung, somit vom Willen des Stifters ab. Begünstigte haben nur wenige gesetzliche Einflussrechte. Naturgemäß ist ihre Stellung wesentlich schwächer als die eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft. Der Stifter kann den Begünstigten über das Gesetzesrecht hinausgehende Rechte einräumen. Faktisch kann die Stellung eines Begünstigten daher sehr stark ausgestaltet sein. Ein Begünstigter hat keine Pflicht zur Leistung einer Einlage – dadurch unterscheidet sich seine Stellung wesentlich von der des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft.

Im entschiedenen Fall wurde der Begünstigten einer Privatstiftung ein unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht an einer Wohnung eingeräumt, die im Eigentum einer GmbH stand, an der wiederum die Privatstiftung beteiligt war. Die Begünstigte verfügte über faktisch großen Einfluss auf die Privatstiftung, traf eine Vielzahl an Entscheidungen selbst, war Mitglied des Stiftungsbeirats und zur Bestellung des Vorstands berechtigt. Überdies war die Begünstigte selbst ehemalige Gesellschafterin der GmbH, in deren Eigentum die Wohnung stand.

Der OGH hatte zu beurteilen, ob die Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts an die Begünstigte durch die GmbH (an der die Privatstiftung beteiligt war) gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstieß. Das Höchstgericht bejahte dies und begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit der ehemaligen Gesellschafterstellung der Begünstigten an der das Wohnungsgebrauchsrecht einräumenden GmbH. Das Verbot der Einlagenrückgewähr kommt auch auf ehemalige Gesellschafter zur Anwendung, wenn die Leistung in Hinblick auf die ehemalige Gesellschafterstellung erbracht wurde.

Für die Praxis bedeutet dies, dass das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht pauschal auf faktisch einflussreiche Begünstigte einer Privatstiftung zur Anwendung kommt.  Zuwendungen an Begünstigte, die zuvor eine Gesellschafterstellung an einer auf die Privatstiftung übertragenen Gesellschaft  innehatten, sollten allerdings unter dem Gesichtspunkt der Einlagenrückgewähr sorgfältig geprüft werden.

 

Zum Aufsatz unserer Stiftungsexpertin RA Dr. Verena Hügel-Karpeles, der in der aktuellen Ausgabe der JEV (Journal für Erbrecht und Vermögensnachfolge) erschienen ist:

Verbot der Einlagenrückgewähr – Anwendung auf Rechtsgeschäfte zwischen Stiftungsbeteiligten und Beteiligungsgesellschaften einer Privatstiftung

 

Fragen? Bitte kontaktieren Sie:
Dr. Verena Hügel-Karpeles

Praxisgruppen:
Gesellschaftsrecht
Privatklienten, Unternehmensnachfolge

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