Related Party Transactions – Neues für den Aufsichtsrat

2. Oktober 2019 –  need2know

Einleitung

Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen (im Folgenden gemeinsam auch „Rechtsträger“) können den Gesellschaften und ihren Aktionären abträglich sein, da sie dem nahestehenden Rechtsträger die Möglichkeit geben können, sich Werte der Gesellschaft anzueignen. Folglich sind angemessene Maßnahmen zum Schutz der Gesellschafts- und Aktionärsinteressen von Bedeutung. Aus diesem Grund wurde basierend auf der 2. Aktionärsrechterichtlinie ein neuer § 95a AktG eingeführt, der normiert, dass Transaktionen, die nach dem 31. Juli 2019 mit nahestehenden Unternehmen oder Personen abgeschlossen wurden, ab einem gewissen Schwellenwert der Zustimmung des Aufsichtsrats und nach Maßgabe eines (weiteren) Schwellenwertes der Veröffentlichung bedürfen.

Bisherige Rechtslage

Das Thema related party transactions ist der österreichischen Rechtsordnung nicht neu. Wenngleich eine einheitliche Regelung dazu nicht vorliegt, so finden sich zahlreiche Bestimmungen, deren Ziel die Vermeidung von Interessenskonflikten mit nahestehenden Rechtsträgern ist. Wesentliche Säule ist das Verbot der Einlagenrückgewähr an nahestehende Personen und Unternehmen nach § 52 AktG. Aktionäre haben nur Anspruch auf den Bilanzgewinn, wie er sich aus der Jahresbilanz ergibt. § 52 AktG erfasst nicht nur die Erhaltung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft, sondern normiert vielmehr einen umfassenden Vermögensschutz, sodass jede Leistung von Gesellschaftsvermögen an Aktionäre und bestimmte nahestehende Personen oder Unternehmen verboten ist, es sei denn, es handelt sich um Bilanzgewinn oder fremdübliche Umsatzgeschäfte („at arm´s length“). Weitere Regelungen zu related party transactions sind insbesondere solche, die das Vertretungsmonopol des Vorstands durchbrechen. Auf Ebene des Aufsichtsrates bedarf der Abschluss von Verträgen mit Mitgliedern des Aufsichtsrats oder Unternehmen, an denen ein Aufsichtsratsmitglied ein erhebliches wirtschaftliches Interesse hat, durch die sich diese außerhalb ihrer Tätigkeit im Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft oder einem Tochterunternehmen zu einer Leistung gegen ein nicht bloß geringfügiges Entgelt verpflichten, der Zustimmung des Aufsichtsrats. Gemäß § 238 Abs 1 Z 12 UGB haben mittelgroße und große Gesellschaften, unabhängig von einer Börsennotierung, Geschäfte der Gesellschaft mit nahestehenden Unternehmen und Personen zu veröffentlichen, sofern diese Geschäfte wesentlich sind und unter marktunüblichen Bedingungen abgeschlossen wurden.

95a AktG: Neues für den Aufsichtsrat

Der österreichische Gesetzgeber hat nun in § 95a AktG im Sinne der im österreichischen AktG vorliegenden Organstruktur, die eine Zweiteilung von Vorstand und Aufsichtsrat vorsieht, folgendes Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats normiert:

Nach § 95a Abs 1 AktG bedarf

  • ein wesentliches Geschäft
  • zwischen einer börsennotierten Gesellschaft und einem nahestehenden Rechtsträger
  • der Genehmigung des Aufsichtsrats
  • sowie gegebenenfalls der öffentlichen Bekanntmachung
  • sofern es sich nicht um eine privilegierte oder ausgenommene Transaktion handelt.

Wesentliches Geschäft: § 95a AktG definiert den Begriff des „Geschäftes“ nicht. Man wird hier aber von einem sehr weiten Verständnis des Begriffes „Geschäft“ ausgehen müssen, sodass unter einem Geschäft im Sinn des § 95a AktG jede Übertragung von Ressourcen, Dienstleistungen oder Verpflichtungen zwischen der Gesellschaft und ihr nahestehenden Rechtsträger zu verstehen ist, und zwar unabhängig davon, ob dafür ein Entgelt in Rechnung gestellt wird. Ein Geschäft ist wesentlich, wenn sein Wert fünf Prozent der Bilanzsumme der Gesellschaft übersteigt. Dabei ist für das jeweilige Geschäftsjahr die Bilanzsumme aus jenem Jahresabschluss maßgeblich, welcher der ordentlichen Hauptversammlung des vorangegangenen Geschäftsjahres vorzulegen war. Werden innerhalb eines Geschäftsjahres mit demselben nahestehenden Rechtsträger mehrere Geschäfte geschlossen, die bei isolierter Betrachtung nicht wesentlich wären, so sind ihre Werte zusammenzurechnen.

Nahestehenden Rechtsträger: Eine natürliche Person ist dann als nahestehend zu qualifizieren, wenn diese Person oder ein naher Familienangehöriger dieser Person die Gesellschaft beherrscht oder an dessen gemeinschaftlicher Führung beteiligt ist, maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft hat oder  im Management der Gesellschaft eine Schlüsselposition bekleidet. Aber auch juristische Personen und sonstige Rechtsträger können nahestehende Personen sein, unter anderem dann, wenn das Unternehmen und die börsennotierte Gesellschaft zum selben Konzern gehören oder  das Unternehmen von einer der Gesellschaft nahestehenden Person beherrscht wird.

Zustimmung des Aufsichtsrats: Um Interessenskollisionen zu vermeiden, dürfen an der Abstimmung über die Erteilung der Zustimmung des Aufsichtsrats jene Mitglieder, die in Bezug auf das Geschäft als nahestehende Personen anzusehen sind, nicht teilnehmen.

Bekanntmachung: Der Vorstand hat den Abschluss des Geschäfts bekanntzumachen, wenn dieses zehn Prozent der Bilanzsumme der Gesellschaft übersteigt. Dies hat über ein Medium mit EU-weiter Verbreitung, wie etwa Thomson Reuters, Bloomberg und Dow Jones Newswire zu erfolgen.

Privilegierte oder ausgenommene Transaktionen: Bestimmte Geschäfte werden von der Genehmigungs- und Offenlegungspflicht ausgeschlossen. Nach § 95a Abs 6 AktG sind Geschäfte, die im gewöhnliche Geschäftsbetrieb und zu marktüblichen Preisen abgeschlossen wurden, von der Genehmigungs- und Offenlegungspflicht ausgenommen. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Verstoßen Organe gegen die hier erläuterten Pflichten, kann dies ein Grund für die vorzeitige Beendigung ihrer Organfunktion (Abberufung) sein und sie auch schadenersatzpflichtig machen. Gravierende Verstöße gegen Organpflichten können gegebenenfalls den Tatbestand der Untreue erfüllen. Weiters können Firmenbuchgerichte mittels Zwangsstrafen bis zu EUR 3.800 Vorstandsmitglieder zur Befolgung dieser Bestimmung anhalten.

Autoren:
Elke Napokoj
David Pukel

Fragen? Bitte kontaktieren Sie:
Elke Napokoj
Christoph Nauer

Praxisgruppen:
Gesellschaftsrecht
M&A
Bank- und Kapitalmarktrecht

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