Neues Whistleblower-System zur Aufdeckung von Kartellrechtsverstößen online

Neues Whistleblower-System zur Aufdeckung von Kartellrechtsverstößen online

Personen, die über Informationen zu Kartellrechtsverstößen (Kartelle, Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) verfügen, haben seit 8.2.2018 die Möglichkeit, entsprechende Hinweise und Unterlagen über ein anonymes Whistleblower-System an die Bundeswettbewerbsbehörde („BWB“) zu übermitteln. Mit der Einrichtung dieses Systems nutzt die BWB eine ihr durch das Kartell- und Wettbewerbsrechtsänderungsgesetz 2017 neu eingeräumte Befugnis. Die Behörde erhofft sich aus dem neuen System eine Unterstützung ihrer Ermittlungstätigkeit und – vor allem aufgrund der Anonymität, die den Hinweisgeber vor möglichen Repressalien schützen soll – eine noch höhere Aufdeckungsquote bei Kartellrechtsverstößen.

Wie funktioniert das neue Whistleblower-System?

Das Whistleblower-System basiert auf einer über den Link https://report.whistleb.com/de/bwb verfügbaren Kommunikationsplattform, über die Hinweise und Dokumente an die BWB übermittelt werden können. Zertifizierte Verschlüsselungstechnologien garantieren die Anonymität des Informanten, der nach Übermittlung der Hinweise eine Identifikationsnummer sowie ein Passwort für ein „anonymisiertes Postfach“ erhält. Das Postfach ermöglicht es der BWB, mit dem Hinweisgeber in Kontakt zu treten und zB Rückfragen zu den übermittelten Informationen zu stellen. Solange der Informant seine Identität nicht von sich aus offenlegt, bleibt seine Anonymität gewahrt.

Die BWB entscheidet nach Übermittlung der Informationen und (allenfalls) Rückfragen an den Hinweisgeber, ob sie Ermittlungen einleitet. Der BWB kommt dabei ein Ermessen zu. Sie ist also nicht verpflichtet, in jedem Fall Ermittlungen einzuleiten.

Wer kann Whistleblower sein?

Das Whistleblower-System schränkt den Kreis der möglichen Informanten in keiner Weise ein. Als Whistleblower kommen daher sowohl Einzelpersonen (also zB Mitarbeiter von an einem Kartellrechtsverstoß beteiligten Unternehmen) als auch Unternehmen (zB Abnehmer von Lieferanten, die in einen Kartellrechtsverstoß involviert sind) in Frage.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass das neue Whistleblower-System zu einem weiteren Anstieg der Ermittlungstätigkeiten der BWB in Bezug auf die Aufdeckung und Abstellung von Kartellrechtsverstößen führen wird; dies vor allem deshalb, weil das neue System die Anonymität des Informanten wahrt. Der Hinweisgeber ist damit besser vor möglichen Repressalien geschützt, als dies bisher der Fall war, was die Wahrscheinlichkeit entsprechender Hinweise an die BWB erhöhen dürfte.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das neue System das bestehende Kronzeugenprogramm der BWB unberührt lässt. Auf der Grundlage des Kronzeugenprogramms kann einem Unternehmen, das an einem Kartellrechtsverstoß beteiligt ist, ein vollständiger Geldbußenerlass bzw eine erhebliche Geldbußenreduktion gewährt werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen mit der BWB bei der Sachverhaltsaufklärung kooperiert. Das Ausmaß der „Privilegierung“ des Kronzeugen hängt dabei wesentlich davon ab, ob die BWB zum Zeitpunkt der Kooperation bereits über Informationen verfügt bzw welchen „Mehrwert“ der Kronzeuge zur Aufklärung beitragen kann. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit sich das neue Whistleblower-System auf das Kronzeugenprogramm auswirken wird. Aus Unternehmenssicht erscheint es jedenfalls ratsam, vor Verwendung des Whistleblower-Systems spezialisierten Rechtsrat einzuholen.