Fusionskontrolle: Neue transaktionswertbezogene Anmeldeschwelle in der österreichischen Fusionskontrolle

Am 6. April 2017 hat das österreichische Parlament eine Änderung des KartG beschlossen, mit der in der Fusionskontrolle eine neue – transaktionswertbezogene – Anmeldeschwelle eingeführt wird.

Derzeit sind Zusammenschlüsse in Österreich anzumelden, wenn der weltweite Umsatz der beteiligten Unternehmen insgesamt mehr als EUR 300 Mio., der österreichweite Umsatz der beteiligten Unternehmen insgesamt mehr als 30 Mio. und der weltweite Umsatz mindestens zweier beteiligter Unternehmen jeweils mehr als EUR 5 Mio beträgt (es sei denn, nur eines der beteiligten Unternehmen erzielt in Österreich einen Umsatz von mehr als EUR 5 Mio. und die übrigen beteiligten Unternehmen erzielen weltweit einen  Umsatz von insgesamt nicht mehr als EUR 30 Mio.).

Nach der neuen – zusätzlichen – Anmeldeschwelle muss ein Zusammenschluss, der die genannten Umsatzschwellenwerte nicht erreicht, dennoch bei der Bundeswettbewerbsbehörde angemeldet werden, wenn:
•    die beteiligten Unternehmen Umsatzerlöse von weltweit insgesamt mehr als EUR 300 Mio. erzielen,
•    die beteiligten Unternehmen in Österreich Umsatzerlöse von insgesamt mehr als EUR 15 Mio. erzielen,
•    der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als EUR 200 Mio. beträgt und
•    das zu erwerbende Unternehmen in erheblichen Umfang in Österreich tätig ist.

Die Novellierung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Umsatz nicht unbedingt die Bedeutung der an einem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen für die Marktstruktur widerspiegelt. Dies trifft insbesondere auf Fälle zu, an denen im digitalen Bereich tätige Unternehmen beteiligt sind. Ähnliche Gesetzgebungsinitiativen gibt es auch in anderen Ländern (wie z.B. in Deutschland).

Die neue Anmeldeschwelle wird mit 1. November 2017 wirksam.

Praktische Auswirkungen

Die Einführung der neuen Anmeldeschwelle wird die Reichweite der österreichischen Fusionskontrolle erheblich erweitern und die Anzahl der anmeldepflichtigen Zusammenschlüsse erhöhen.

Aus Sicht der an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen können sich aus den neuen Bestimmungen Fragen und Unsicherheiten – insbesondere zu den nachstehenden Punkten – ergeben:

Bestimmung der „Gegenleistung“

Die neue Anmeldeschwelle macht es erforderlich, den Wert der „Gegenleistung“ zu bestimmen. Dieser Begriff ist im Gesetz selbst nicht näher definiert. Die erläuternden Bemerkungen stellen jedoch klar, dass der Begriff der Gegenleistung alle Vermögensgegenstände und sonstige geldwerte Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss erhält (d.h. den Kaufpreis), zuzüglich des Wertes etwaiger vom Erwerber übernommener Verbindlichkeiten, umfasst.

Das Erfordernis der erheblichen Inlandstätigkeit

Die neuen Bestimmungen enthalten keine näheren Angaben dazu, wann das Zielunternehmen „in erheblichem Umfang“ in Österreich tätig ist. Die erläuternden Bemerkungen geben zwar einige Hinweise (demnach soll das Kriterium insbesondere dann erfüllt sein, wenn das Zielunternehmen einen Standort in Österreich hat, oder wenn anerkannte Maßzahlen, die in der jeweiligen Branche verwendet werden, wie z.B. die Anzahl der monatlichen Nutzer oder die Zugriffshäufigkeit in Bezug auf eine bestimmte Website, auf eine erhebliche Tätigkeit in Österreich hinweisen). Für die Zusammenschlussparteien kann es jedoch mitunter schwierig sein, mit Sicherheit festzustellen, ob ihr Zusammenschluss der österreichischen Fusionskontrolle unterliegt – zumindest bis sich eine entsprechende Anwendungspraxis der österreichischen Wettbewerbsbehörden etabliert hat.

In Zweifelsfällen erscheint es daher empfehlenswert, informell den Rat der Bundeswettbewerbsbehörde einzuholen und/oder den fraglichen Zusammenschluss vorsorglich anzumelden, um das Risiko einer Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot auszuschließen.

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Unternehmen, die an einem Zusammenschluss beteiligt sind, der die neuen Schwellenwerte möglicherweise überschreitet, sollten berücksichtigten, dass die Anwendbarkeit der neuen Regeln davon abhängt, wann der Zusammenschluss durchgeführt wird (nämlich vor oder nach dem 1. November 2017).

Auch dies kann im Einzelfall Fragen aufwerfen und zu Unsicherheiten führen, z.B. wenn die Durchführung eines Zusammenschlusses (der zwar die bestehenden Umsatzschwellen nicht, wohl aber die neue transaktionswertbezogenen Anmeldeschwelle erfüllt) zunächst vor dem 1. November 2017 stattfinden soll, sich dann aber verzögert. In diesem Fall wird der Zusammenschluss lediglich infolge des (geänderten) Closing-Zeitplans anmeldepflichtig.

Zusammenschlussparteien sollten die neuen Anmeldeschwellen daher schon jetzt mitberücksichtigen, um eine Anmeldepflicht auch auf der Grundlage der neuen Bestimmungen ausschließen oder zumindest sicherstellen zu können, dass ausreichend Zeit für die Einholung der Freigabe zur Verfügung steht (z.B. durch entsprechende Anpassung des Closing-Zeitplans etc.).