Arbeitszeitaufzeichnungen auf dem Prüfstand

Aktuelle EuGH-Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung

 

16. Mai 2019. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Rechtsstreit zwischen einer spanischen Gewerkschaft und einer Tochter der Deutschen Bank am 14.5.2019 eine aufsehenerregende Entscheidung gefällt. Nach dem spanischen Arbeitsrecht reicht es offenbar in den meisten Fällen aus, lediglich die angefallenen Überstunden pro Monat aufzuzeichnen. Der EuGH urteilte jedoch, dass ein solches Gesetz nicht den Anforderungen der EU-Richtlinien zur Arbeitszeit und zur Sicherheit der Arbeitnehmer sowie der EU-Grundrechtecharta entspricht. Arbeitgeber müssen vielmehr verpflichtet werden, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, welches es ermöglicht, die Dauer der Arbeitszeit an jedem Tag für jeden Arbeitnehmer zu messen. Ansonsten könnten die Überstunden nicht korrekt ermittelt oder überprüft werden.

 

Für Österreich ergeben sich durch dieses Urteil wohl in vielen Bereichen keine unmittelbaren Folgen, ist doch nach dem österreichischen Arbeitszeitgesetz (AZG) – anders als offenbar im Anlassfall Spanien – bereits in den meisten Fällen die Aufzeichnung von Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie der Ruhepausen zwingend erforderlich. Jedoch gibt es auch in Österreich davon für gewisse Arbeitnehmer Ausnahmen, etwa bloße Saldenaufzeichnungen der Tagesarbeitszeit nach § 26 Abs 3 AZG oder bei Arbeitnehmern mit einer schriftlich festgehaltenen fixen Arbeitszeiteinteilung die Aufzeichnung bloß der Abweichungen von dieser Einteilung (§ 26 Abs 5a AZG). Auch gibt es Ausnahmen von der Aufzeichnungspflicht für Ruhepausen. Ob solche Regelungen diesem Urteil standhalten, wird die Zukunft weisen. Ebenso wird sich nun möglicherweise auch öfter die Frage stellen, welche Zeiten konkret als Arbeitszeiten bzw. Überstunden gelten (Dienstreisen, Reisezeiten). Wie in den Medien bekanntgegeben wurde, wird das Arbeitsministerium das Urteil jedenfalls genauestens prüfen lassen.

 

In der Praxis erweist sich freilich immer wieder, dass Probleme weniger im Vorhandensein von Vorschriften als vielmehr in deren Einhaltung liegen. Für Verstöße gegen die Aufzeichnungspflichten können Verwaltungsstrafen verhängt werden. Noch schwerer wiegen aber die wirklich erheblichen Verwaltungsstrafen wegen Unterentlohnung nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG), wenn etwa Überstunden nicht ausbezahlt wurden. Auch deshalb empfiehlt es sich, die Vorgaben dieses Urteils bereits jetzt zu erfüllen und genaue Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, um nicht später böse Überraschungen zu erleben.

 

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